Ein grauenhafter Ablick.
Dave hatte heute morgen nach einem Anruf drei
- anscheinend von einem Hund - getötete Pinguine in der
Nähe des Creeks aufgesammelt und zur späteren Untersuchung
ins DOC Office gebracht. Drei getötete Pinguin in einer
Nacht sind ziemlich krass. Doch, wie Dave mir erzählte,
es kommt hin und wieder vor. Das ist der Preis, den die Pinguine
zahlen müssen, so nah an (bzw. in) einer Stadt zu leben,
um die nahrungsreichen Gewässer um Oamaru ausnutzen zu
können.
Nachdem ich meine letzten Nestchecks am Quarry
durchgeführt hatte, fuhr ich zur Kolonie am Creek hinüber,
wo sich ja der Großteil unserer überwachten Nestboxen
befindet. Ich fing ganz normal bei den Nestboxen 102 und 103
an, aus denen die Küken vor einigen Tagen schon geflüggt
waren. Wie erwartet waren die Nestboxen leer. Als ich mich
auf den Weg zur Nestbox 104 machte, entdeckte ich einen toten
Pinguin innerhalb des abgezäunten Gebietes der Kolonie
am Creek.

Der tote Pinguin innerhalb des abgezäunten Gebietes
Ich sah mir das traurige Tier näher an und
entdeckte getrocknetes Blut an Hals und Bauch und ausgferanseltes
Gefieder am Nacken. Das Gefieder am Rücken war klebrig
- getrockneter Speichel. Der Hund war also auch innerhalb
des Zaunes, in der Kolonie. Mir wurde ein bisschen flau. Doch
meine schlimmsten Befürchtungen wurden übertroffen.
Zuerst fand ich die Leiche des Kükens aus Nestbox 113.
Ganz in der Nähe lag ein weiteres fast komplett blaues
Küken, das wohl unbemerkt unter einem Steinhaufen aufgewachsen
ist - es war nicht beringt. Das waren drei tote Pinguine in
einem Umkreis von 15 Metern.
Ich kletterte über den kleinen Hügel
zu den Nestboxen 114 und aufwärts und mir stockte der
Atem. Überall lagen getötete Pinguine. Es war ein
furchtbarer Anblick. Die Küken aus Nestbox 116 - sie
wären in den nächsten zehn Tagen geflüggt -
lagen nah beieinander, zusammen mit der Mutter. Alle drei
von einem Hund getötet. Getrocknetes Blut am Schnabel,
die hellen Augen starrten glasig in den Himmel.

Die Küken aus Nestbox 116 - sie wurden
48 und 45 Tage alt
Ich ließ alles stehen und liegen, fuhr
zurück zu Daves Haus und brachte ihm die schlechten Nachrichten.
Zusammen fuhren wir wieder zum Creek hinunter. Dave rief Sally
Rae, die Reporterin von der Otago Daily Times an, dann sahen
wir uns in der Kolonie um. Dave war kreidebleich, als er sich
die Szene ansah; ich denke, ich sah nicht anders aus. Überall
tote Pinguine, viele der Tiere waren mir von meinen Nestchecks
bekannt. Einige hatten mich gestern noch angeknurrt oder nach
meiner Hand geschnappt. Jetzt lagen sie mit gebrochenem Genick
und blutigem Gefieder zwischen den Nestboxen.
Unter
den Toten fand ich auch Mozart. Vor ein paar Tagen
ließ sich der junge Pinguin von mir fotografieren und
kackte Stef zur allgemeinen Belustigung zum Abschied noch
auf die Hose. Eigentlich hoffte ich, daß er noch während
meiner Zeit hier in Oamaru zum ersten mal auf See gehen würde.
Daraus wird nichts...
Wir sammelten die toten Pinguine ein, als die
Reporterin eintraf. Sie wollte ein Foto machen, daß
das ganze Ausmaß der Tragödie beschrieb. Wir sammelten
die Pinguine in der unmittelbaren Umgebung ein und legten
sie zusammen in einer Gruppe zusammen. Für das Pressefoto
hockte sich Dave in dieses traurige Bild.

Ein betroffener Dave mit etwa 20 Pinguinen,
Küken und Adulte, getötet in der letzten Nacht
Das ganze Ausmaß der Katastrophe übertraf,
wie schon gesagt, meine schlimmsten Befürchtungen. Zusammen
mit Dennis Dove, dem Manager der Pinguin Kolonie am Quarry
und Tony Hocken, suchten wir den Strand und die Kolonie ab.
Wir fanden insgesamt 56 getötete Pinguine. Der Leichenberg
wurde größer und größer.

Wir fanden mehr und mehr getötete
Pinguine
Hunde. Der beste Freund des Menschen. Heute würde
ich am liebsten jeden Hund in Neuseeland über den Haufen
schießen. Und ich würde ebenso gerne den Besitzern
dieser streunenden Hund den Hals umdrehen. Es ist einfach
unglaublich. 56 Vögel! Alle Anstrengungen die Pinguinpopulationen
am Creek zu fördern, in einer Nacht von einem oder mehr
Scheißkötern nutzlos gemacht. Dave meint, daß
dies das Schlimmste ist, was ihm in seiner Zeit als DOC Officer
untergekommen ist. In einer Nacht gut ein viertel der Brutpopulation
des Oamaru Creeks dieser Saison ausgelöscht.
Dabei bleibt es vielleicht nicht. Viele der adulten
Vögel können irgendwo Küken in Nestboxen sitzen
haben, die nun nicht mehr gefüttert werden und womöglich
verhungern müssen. Einen deprimierenderen Abschied hätte
ich mir in den schlimmsten Alpträumen nicht ausgemalt.
Morgen bringt mich Dave nach Christchurch, von wo ich nach
Singapur fliegen werde. Dort wartet Stef auf mich. Ein paar
Tage Urlaub, bevor es nach Deutschland geht, wo die Arbeit
an unseren Daten mit Vollgas weitergeht.
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