Das war's... für's erste jedenfalls. Unsere
Arbeit auf Motuara Island ist abgeschlossen. Wir sind wieder
am Festland. Aber natürlich lief die Abreise wieder einmal
alles andere als reibungslos ab...
Gestern (Dienstag) waren wir allesamt von Tony
auf seine Farm geholt worden, so daß wir die Antenne
abbauen und zu Tale transportieren konnten. Am Abend sollte
Kim Garrett mit der Kiore und einem Kollegen bei Tony
eintreffen. Es war geplant, daß Kim ebenfalls bei Tony
übernachtet, zwei von uns am nächsten Morgen nach
Motuara Island hinüberbringt (letzte Nestchecks), zu
Tony zurückkehrt, den Rest der Ausrüstung verlädt
und ans Festland bringt, um schließlich für die
beiden Nestchecker auf MI ein zurückzukehren.
Es kam aber anders. Da die Wettervorhersage einen
southerly Sturm für den Mittwoch vorhersagte,
entschloss sich Kim nicht bei Tony zu übernachten, sondern
direkt mit der ersten Ladung unserer Ausrüstung zum Festland
zurückzufahren. Das stellte uns vor ein Problem: wie
sollten wir am nächsten Tag zur Insel hinüberkommen,
um unsere Nester zu checken? Folgende Lösung wurde vereinbart:
Ich und Hotte würden am Mittwoch mit dem Mailboot (welches
in jedem Wetter fährt) nach Motuara Island fahren, dort
ein weiteres Mal übernachten und dann nach dem Sturm
(am Donnerstag) von Kim mit dem Rest der Ausrüstung abgeholt
zu werden; Stef würde Mittwochmorgens mit Tony ans Festland
fahren und Kim am Donnerstag auf dem Boot begleiten. Mit diesem
Plan waren Stef, Hotte und ich zufrieden und genossen ein
Abschiedsessen (Wildschwein, von Tony's Sohn John geschossen)
an diesem Abend.
Heute morgen wehte kein Lüftchen. Kein Sturm
in Sicht. Kim rief nach dem Frühstück bei Tony an
und sagte, daß wir angesichts der Wetterlage doch wieder
zu unserem ersten Plan zurückkehren könnten. Stef
war aber bereits mit Tony ans Festland gefahren. Also kam
Kim mit deinem Kollegen zu Tony hinausgebrettert und fuhr
mit mir und Hotte nach Motuara Island. Wir machten uns sofort
auf den Weg zu unseren Nestern, während Kim und Co. unsere
Ausrüstung verluden und schließlich den ganze Krempel
zum Festland transportierten. Kim gab uns drei Stunden Zeit,
dann würde er wieder auf der Insel sein um uns beide
abzuholen.
Was kompliziert und verwirrend klingt, haut meistens
auch nicht hin. Und so kam es dann auch. Denn kaum war Kim
fort, als der Wind zulegte und sich in den nächsten zwei
Stunden zum angekündigten Sturm entwickelte. Hotte und
ich waren gut zwei Stunden mit unseren Nestchecks beschäftigt.

Letztes Wiegen der Küken in HG09
Unsere Nestchecks waren zum Teil ziemlich frustrierend,
denn von unseren verbliebenen Küken war nur ein einziges
geflüggt, während die anderen komplett entwickelt
und faul in den Nestern hockten und dösten. Damit gehen
mir die genauen Flügg-Alter einer ganzen Reihe von Küken
flöten, was mehr als ärgerlich ist. Es ist allerdings
auch sehr erstaunlich, daß viele unserer Küken
70 Tage und älter sind, bevor sie flüggen - normal
wären 50 bis 55 Tage.

Noch nicht gemausert aber schon 50 Tage
alt - die Küken in TG07
Nach 2 Stunden trafen Hotte und ich uns an der
Hütte wieder. Die letzten Nestchecks waren erledigt.
Während wir die Hütte säuberten und den Rest
Ausrüstung zum Steg hinunter schleppten beäugte
ich nervös das Wetter. Der Sturm hatte jetzt voll eingesetzt:
ziemliche Brecher rollten aus Süden heran, Gischt erfüllte
die Luft und Windhosen fegten über das Wasser. In diesem
Wetter würde Kim niemals mit der Kiore - einem
offenen Aluminiumboot hierhin gelangen. Dummerweise waren
auch unseren letzten Nahrungsmittel und unsere Rucksäcke
(inkl. Schlafsäcke) mit der ersten Ladung heute Morgen
ans Festland transportiert worden. Das gleiche traf für
mein Handy zu, so daß ich noch nichteinmal Kim Anrufen
konnte um zu fragen, was jetzt passiert. Die Zeit lief weiter.
nach 3 1/2 Stunden war uns klar, daß Kim in diesem Wetter
nicht zur Insel kommen würde. Ohne Schlafsäcke und
Nahrung konnten wir aber auch nicht hier bleiben. Die letzte
Chance war das Mailboot, daß bald an Motuara Island
vorbeikommen würde. Ich griff mir das Funkgerät
und funkte das DOC in Picton an. Nachdem ich unsere Lage geschildert
hatte, organisierte Bill Cash das notwendige und um halb vier,
legte Ken mit dem Mailboot am Jetty von Motuara Island an.
Trotz gehöriger Wellen gelang es uns den
restlichen Krempel auf das Mailboot zu verladen und schließlich
hüpften wir selber an Bord. Das Mailboot fuhr zunächst
zu Ship Cove hinüber, so daß uns die Wellen in
der vollen Breitseite trafen. Es war die reinste Achterbahnfahrt.
spätestens jetzt war ich mir sicher, daß Kim uns
und die Ausrüstung niemals sicher ans Festland hätte
bringen können. Es war mir absolut klar, daß Kim
erst gar nicht noch einmal versuchen würde nach Motuara
Island hinauszukommen.
Nun, er tat es entgegen aller Annahmen doch und
hatte Stef als Begleiterin dabei. In einem Höllenritt
waren die beiden vor dem Sturm her zu Insel hinaus gebrettert.
Als sie die Insel erreichten fanden sie die Hütte leer
und verlassen. Unverrichteter Dinge mußten beide wieder
zum Festland zurückkehren - gegen den Sturm durch miserable
Verhältnisse. Klar, daß beide nicht gerade frohgemutes
auf diese sinnlose Bootsfahrt zu sprechen sein würden.
Hotte und ich hockten im Mailboot und irgendwann bemerkten
wir ein winziges Boot, daß von Welle zu Welle flog,
sich mühselig den Weg zum Festland bahnte und ziemlich
ungemütlich zu fahren sein mußte. Es war die Kiore
mit Kim und Stef.
Ken funkte die Kiore an und reichte mir das Mikrofon.
Die Verbindung war ziemlich schlecht, doch ich konnte genau
hören, daß Kim not amused war. Und ebenso konnte
ich mir denken, daß Stef stocksauer sein würde.
Doch was hätte ich machen sollen? Hätten wir unsere
letzte Chance (das Mailboot) nicht genutzt, hätte Kim
sich vielleicht anders entschieden und wäre nicht zur
Insel hinausgekommen; dann hätte wir ohne Nahrung und
Decken übernachten dürfen...
In dem ganze Streß ging der Abschied von
Motuara Island unter. Ich blickte nicht wehmütig über
die Schulter, dachte nicht im Stillen nochmal an unsere Pinguine
sondern machte mir Sorgen um Kim und Stef. Als wir schließlich
alle zusammen am Festland zusammen kamen, war die Stimmung
im Team ziemlich im Keller: Kim und Stef waren sauer, weil
sie umsonst nach Motuara Island gefahren waren, ich war sauer,
weil Kim und Stef sauer, Hotte war sauer weil es wieder kalt
war und er seine Rheintreue Kappe auf der Insel vergessen
hatte.
Mittlerweile haben wir uns alle wieder beruhigt.
Kim ist mit unserer Ausrüstung auf dem Weg nach Oamaru.
Wir hocken in einem kleinen Bungalow, das wir für die
nächste Nacht gemietet haben. Wir haben geduscht und
die Waschmaschinen hier sind vollgestopft mit unseren stinkenden
Klamotten. Morgen beginnt unsere Reise nach Süden. Denn
in Oamaru geht's weiter...
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