Das Tagebuch eines Forschungsprojektes
 
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NEUIGKEITEN - 02. Oktober 2000

Gestern mittag versuchten wir ein weiteres Mal unsere ausgerüsteten Pinguine zu tracken. Um halb sechs stand ich auf Arapawa Island an der Antenne - im dichten Nebel. Der Wind blies stramm von Nordwesten und trieb den Dunst durch jede Faser meiner Kleidung. Ich baute einen Wind- und Nebelschutz auf und begann mit Jana zu tracken. Nach knapp zwei Stunden blies ich alles ab - Motuara Island konnte den Pinguin nicht einpeilen und der Nebel hatte mit sämtlichen Nerv geraubt: ich war naß bis auf die Haut durchgefroren und frustriert.

Wieder auf der Farm entschied ich schnell: ich mußte heute nach Motuara Island, um die Antenne zu inspizieren. Da ich aber auch noch einige Arbeit am Computer zu erledigen habe, wollte ich am Abend wieder zu Tonys Farm zurückkehren. Daher schien ein gemischter Wechsel sinnvoll: Stef bleibt bei Peter auf Motuara Island, Jana kommt mit mir nach Arapawa Island, wo sie am Samstag das Mailboat zum Festland nehmen kann.

Am frühen Nachmittag verschlechterte sich das Wetter, der Wind frischte auf und ein heftiger Regen setzte ein. Spätestens jetzt hätten wir das Peilen einstellen müssen. Die Überfahrt nach Motuara Island war eine gemäßigter Achterbahnfahrt: lange, hohe Wellen rollten aus der Cook Strait in den Queen Charlotte Sound und schaukelten Tonys Boot ordentlich durch.

Auf Motuara Island wetzte ich sofort zur Antenne hinauf und versuchte im strömenden Regen und heftigen Böen die Anlage durchzutesten. Eigentlich war alles in ORdnung, jedoch die Peiltechnik mußte umgestell werden, da die Pinguine auf See zu nah und dadurch die Signale zu stark waren, um sie mit der herkömmlichen Peilmethode einzupeilen. Das konnten Jana und Peter aber nicht wissen. Nach etwa eine Stunde auf der Insel verabschiedeten Jana und ich uns von Stef und Peter. Peter umklammerte dankbar die Gummistiefel, die Tony im geborgt hat. Peters (schlambedeckte) Wanderbotten waren gelinde gesprochen hinüber: an einem Schuh hing die Sohle wie eine toter Plattfisch vom Fuß, was besonders dramatisch aussah, weil Peter mit mehreren abenteuerlich verknoteten Bändern sowie etlichen Streifen Klebeband versucht hatte, sein Schuhwerk zu reparieren. Es half aber nichts: einen Tag Schafe hüten mit Tony auf Arapawa Island und mehrere Tage Schlammtreten auf Motuara Island hatten seinen Tretern den Rest gegeben.

Abends auf Arapawa Island: der Wind war in einen weiteren norwester ausgeartet und Böen schüttelten unsere Hütte durch. Mir schwante einiges. Nachts wurde ich immer wieder wach, denn der Sturm schmetterte gegen unseren sleep-out wie ein LKW, der Wind jaulte ohrenbetäubend und der Regen prasselte wild auf das Dach. Irgendwann in der Nacht rummste es gewaltig. Ich dachte "Verfluchter Sturm!" und schlief wieder ein. Heute morgen erfuhr ich dann, daß wir ein Erdbeben hatten, was aber dank des Sturmes kaum auffiel.

Gerade komme ich von der Antenne zurück. Der Sturm jodelt weiterhin aus dem Nordwesten. Auf dem Weg nach oben war mir klar, daß dieser Wind Spuren hinterlassen haben würde. Und ich hatte recht.


Die Arapawa-Antenne am Boden - der Sturm hat alles klein gemacht

Die Antenne lag am Boden, der Sturm hat das Holzgerüst für die Regenplanen endgültig klein gemacht. Glücklicherweise gibt es außer verbogenen Yagis keine größeren optische Schäden. Ich betrachtete das Chaos kurz und meine Entscheidung stand fest: Feierabend. Kein Pinguin-Tracking mehr, zumindest für die nächsten Wochen. Die umgeblasene Antenne hat mir endgültig klar gemacht, daß das Wetter hier in den Marlobrough Sounds Radio-Telemetrie nur unter erschwerten Bedingungen zuläßt. Der permanente Wind entwickelt sich mit einer solchen Leichtigkeit zu einem Sturm, daß man die Antenne eigentlich bei der kleinsten Brise vorsichtshalber abbauen müßte.

Ich werde nun erstmal bis November abwarten. Vielleicht ist im späten Frühling ja ein wenig mehr Ruhe in das Wettergeschehen eingekehrt. Möglicherweise versuchen wir es dann noch einmal. Jana und Peter, die ja sowieso in ein paar Tagen abreisen, werden nun eventuell schon früher (morgen) ans Festland fahren, um ihre restlichen Tage in Neuseeland noch anderwertig zu verbringen (sightseeing). Stef und ich werden erst einmal die Nestchecks fortführen und die Fahrtenschreiber einsetzten.

Arapawa Island - over and out.