Vorgestern präsentierten wir unserem neuen
Helfer, meinem Vater, zum ersten Mal die Pinguine live und
ungestört, als sie nach getaner Arbeit nach Einbruch
der Dunkelheit über den Track zum Observation Tower hinauf
zu ihren Nestern watschelten. Wir hatten uns mucksmäuschen
Still auf eine der Stufen des Tracks gehockt und gewartet.
Ein Pinguin nach dem anderen schlich im abgeschwächten
Licht unserer Taschenlampe heran und vorbei. Einige putzten
sich in aller Ruhe keine 2 Meter von uns entfernt oder trippelten
mehr oder weniger zwischen uns hindurch zu ihren Küken.
Ein besonders interessante Neuerung hatte mein
Vater im Gepäck: eine Digitale Videokamera mit Infrarot-Belichtungs-Option.
So konnten wir die Pinguine in absoluter Dunkelheit filmen
und beobachten, was uns vorher nicht vergönnt war. Die
Aufnahmen sind grandios geworden (besonders, als sich ein
Pinguin direkt vor die Füße von Stef und meinem
Vater hockte und ich einen kurzen Schwenk auf die verzückt
grienenden Gesichter der beiden machte). Diese Nachtfilm-Technik
hätte uns in den letzten Wochen auch bei unserer Arbeit
gute Dienste leisten können.
Am heutigen Tag "entdeckten" wir unweit
des Shortcut-Tracks - von der Hütte hinauf zum Ridgetrack
- eine Erdhöhle mit Kiwis (in Wirklichkeit war uns die
Höhle schon bekannt, doch wir hatten noch nie gecheckt,
ob auch Kiwis drin hocken). Am frühen Nachmittag erspähten
wir einen großen braunen Kiwi-Hintern direkt hinter
dem Eingang des Erdlochs, so daß wir entschieden, uns
bei Einbruch der Nacht bei diesem Kiwi-Bau auf die Lauer zu
legen. Es wurde ein voller Erfolg. Gegen halb acht kletterten
wir durch den Busch zu dem Bau und hockten uns leise im Halbkreis
um die Höhle, die unter einem vom Wetter und Holzwürmern
zernagtem Nadelbaum-Stumpf versteckt liegt. Die Kiwis regten
sich schon, denn wir hörten leise quäkende oder
brummende Geräusche und hörten große Füße
auf harten Untergrund trommeln.
Es war noch nicht Dunkel, als sich der erste
Kiwi aus dem Bau traute. Er hob den langen Schnabel (der tatsächlich
sehr kurz war, denn es handelte sich um einen der ein paar
Wochen alten Kiwis, die vor ein paar Tagen vom Kiwi Recovery
Programme ausgesetzt worden waren). Ich betrachtete das
ganze zusätzlich durch die grandiose Videokamera und
hatte ein deutliches grün-monochromes Bild des Vogels,
dessen Augen im Infrarotlicht funkelten. Dann sprang der Vogel
aus dem Bau, zögerte kurz und schoß davon ins Unterholz.
Kurz darauf, kletterte ein weiteres Jungtier aus dem Bau.
Wir saßen still und starrten gebannt auf den Kiwis,
der sich gemächlich zu recken und strecken schien. Dann,
plötzlich wetzte der Vogel los, drehte zwischen uns eine
Runde und stürmte durch den Hintereingang in den Bau
zurück.
Eine Weile tat sich nichts. Wir hörten
nur das gurren des Kiwis im Bau. Dann, mit einem Mal, erschien
ein riesenhafter Körper vor dem Bau: einer der älteren
Kiwis, doppelt so groß wie die anderen beiden, richtete
sich auf und stocherte mit seinem (diesmal aber wirklich)
langen Schnabel im Boden vor der Höhle herum. Für
einen Moment verharrte er in dieser Position und es bot sich
uns das klassische Kiwi-Bild, wie es auf vielen Fotografien,
Briefmarken und Geldmünzen zu sehen ist. Dann wetzte
auch dieser Kiwi von dannen. War es das?
Nein, ein weiteres und danach noch ein weiteres
Jungtier, sowie der Rundendreher, krabbelten aus dem Bau,
so daß wir am Ende fünf Kiwis aus ein und dem selben
Bau krabbeln sahen. So viele Kiwis in der Wildnis auf einmal
zu sehen ist ziemlich ungewöhnlich. Ohne das Kiwi
Recovery Programme, wäre es sogar unmöglich
Kiwis hier auf Motuara Island zu beobachten. Denn sämtliche
Kiwis sind auf der Insel ausgesetzt. Hier kann es gewährleistet
werden, daß die Jungtiere eine bestimmte Körpergröße
erreichen, die es ihnen erlaubt, Freßfeinden wie Madern
und Wieseln zu widerstehen. Nach gut einem Jahr werden die
Kiwis wieder eingefangen und in ihre Heimatregion, der Westküste
der Südinsel, zurückgebracht.
Dank des Kiwi Recovery Programmes war es uns
also möglich gemacht worden, diese seltsamen und faszinierenden
nachtaktiven Vögel in der freien Wildbahn zu beobachten.
Es war ein beeindruckendes Erlebnis...
Und wieder einmal gelang es uns geniale Nachtaufnahmen
mit der Videokamera zu machen. Die bewegten Bilder gibt es
als RealVideo HIER zu bestaunen...
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