Das Tagebuch eines Forschungsprojektes
 
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NEUIGKEITEN - 07. September 2000

Seit Kim's unerwartetem Abschied am Samstag, habe wir zu viert die Insel erkundet. In Zweier Teams oder zu viert kraxelten wir durch den dichten Busch der Insel auf der Suche nach Pinguinnestern. Das Wetter zeigte uns alle seine Gesichter: er schiffte vom Himmel hoch (was man bei Arbeiten im Regenwald wohl erwarten muß), es blies ein steife Brise, doch auch die Sonne blinzelte oft durch das Blätterdach des Waldes.

Die Nestersuche war zum Teil recht abenteuerlich: der einzige brauchbare Track führt entlang der Ridge (also entlang des Berggrades) der Insel von Süden nach Norden. Um aber an die Pinguine zu kommen, muß man sich wahlweise rechts oder links in den Busch schlagen. Die Nester mit brütenden Pinguinen markierte wir mit leuchtend rosa Flagging Tape. Natürlich mußten wir auch das gleiche Tape benutzen um unsere Route zu den Nestern zu markieren. Nichstdestotrotz haben wir zwei oder drei markierte Nester nicht mehr wieder gefunden. Käse.

Die Pinguine benutzen eigentlich alles was nach Höhle aussieht: Erdlöcher unter Wurzeln, Steinspalten und abgestorbene Baumstämme. Um zu erkunden, ob bewohnte Bauten Eier oder bereits Küken enthalten, streckten wir unsere behandschuhten Hände in die Dunkelheit, was die Pinguine entweder mit Knurren, Trompeten oder energischem Schnabelhieben (oder allem zusammen) quittierten. Bauten, bei denen wir dachten, daß wir an die Tiere und ihren Nachwuchs nicht herankommen (weil zu tief oder zu eng und verwinkelt) ließen wir aus - wir wollen die Küken und ihre Wachstumsraten bestimmen; dazu müssen die Kleinen regelmäßig gewogen werden.

Insgesamt sind wir auf 30 Brutnester in 6 verschiedenen Gegenden gekommen: Hut Gully - 8 Nester (in unmittelbarer Nähe der Hütte), West Gully - 3 Nester (im Nordwesten der Insel), East Gully - 7 Nester (im Osten), Frog Trail - 3 Nester (im Südwesten), South Gully - 4 Nester (im Süden) und das T-Gully - 7 Nester (im Südosten entlang des Tracks zum Observation Tower hinauf).

Wir haben bis jetzt 20 Pinguine mit flipper bands (das Äquivalent zu den Fußringen anderer Vögel - bei Pinguinen halt an der Basis der Flügel) markiert. In den restlichen 10 Bauten mußten wir dies nicht tun, da diese Tiere mit Transpondern (diese winzige Kapseln werden mit einer Spritze subcutan im Nacken des Pinguins eingepflanzt) markiert sind, die von Martin Renner vor vier Jahren eingesetzt wurden. Bei diesen Tieren kommt unser "Ghostbusters"-Staubsauger zum Einsatz: es handelt sich um einen Transponder Reader, den wir einfach in die Höhle hineinstecken und per Knopfdruck die Transpondernummer des Tieres im Bau auf einem Display ablesen können.

In vier Bauten fanden wir bereits geschlüpfte Küken. Diese holten wir vorsichtig aus den Höhlen heraus. Die Zwergpinguinküken sind nicht mal eine Hand voll: winzig klein, schrumpelig schwarz mit dünnen Flaumfedern unter denen die Haut hindurch schimmert. Wir wogen die Küken (das Schwerste war 300gr und paßte kaum in unseren Wäge-Beutel) mit Federwaagen. Das wird jetzt alle fünf Tage geschehen...

In einer der wenigen Nistboxen machte Stef eine etwas kuriose Entdeckung. Bei dieser Nistbox ließ sich die verschraubte Deckelklappe nicht lösen, also mußte Stef nach den Pinguinen tasten. Sie hockte sich vor den Eingang und langte in das Dunkel der Nistbox hinein. Sie stutzte: etwas großes, festes mit weichem Gefieder hockte da mit dem Hinterteil in Richtung Boxeingang. Bei näherer Untersuchung stellte sich heraus, daß Stef einen Kiwi am Hintern gekrault hatte. Der Kiwi hatte sich einfach einer Pinguinnistbox bemächtigt und verschlief den verregneten Tag...

Schließlich rüsteten wir heute vormittag vier Pinguine mit unseren Sendern aus. Es handelt sich ausschließlich aus dem Hut Gully; wir werden die einzelnen Gebiete immer einzeln behandeln. Zwei der Pinguine brüteten in den vom DoC bereitgestellten Nistboxen

Unsere Nester-finden-Eier-zählen-Tracks-markieren-Pinguine-besendern-Arbeit war damit beendet. Am Nachmittag sollte uns Tony Tristram mit seinem Boot abholen. Gegen mittag ging ich an den Steg und blickte skeptisch in den Norden. Dort zog es dunkelgrau und däuend zu uns herüber. Um 15 Uhr hatte der Wind zugenommen und trieb rollende Wellen vom Nordwesten in den Queen Charlotte Sound. Der Holzsteg von Motuara Island schaukelte bedrohlich in der Brandung. Schließlich fing es zu schütten an. Ich schrieb Tony ab, denn bei diesem Wind konnte er unmöglich am Steg anlanden. Also verkrochen wir uns in der Hütte. Bis auf Stef. Sie hatte ein unglaubliches Verlangen nach einer warmen Dusche (sie und ich übernehmen die ersten 7 oder 8 Tage an der Antenne auf Arapawa Island). Sie glaubte fest daran, daß Tony auftauchen würde. Und in der Tat - im größten Regenguß kurvte er in seinem Boot an de Jetty. Hastig schafften wir Lebensmittel und unsere Klamotten über den schlüpfrigen Pfad zum Steg und beluden das Boot, daß in den Wellen tanzte.

Wir verabschiedeten uns schnell von Jana und Peter und legten ab. Als wir uns von Motuara Island entfernten, konnten wir die schwarze Wand im Norden sehen - da kommt wohl ein Sturm.

Eine Sache gibt es jetzt noch zu berichten. Denn auf der Fahrt zu Tonys Farm trafen wir erneut auf die riesige Schule von Grossen Tümmlern. Die gewaltigen Delphine tauchten vor dem Boot auf, gerade als die Sonne durch einen Riß in den Wolken zu sehen war. Die grauen Körper der eleganten Tiere glitzerten in der Sonne. Sie schienen überall zu sein. Die ganze Bucht war wie mit Delphinen aufgefüllt. Einige sprangen hoch aus dem Wasser, als sie an uns vorbei schwammen. Ich habe selten ein solches Schauspiel erlebt...

Nun, jetzt bin ich mit Stef auf Tonys Farm. Wir haben frisch geduscht und Tony hat uns zu einer Lamm-Caserole eingeladen. Wir sind zum ersten Mal seit zwei Wochen geduscht (doppelter Seifgang) und haben frische Klamotten an. Ab morgen geht das Peilen los.


Ab heute für Stef und mich erst mal Vergangeheit - das Klo auf Motuara Island