Seit Mittwoch sind Jana und Peter also
wieder in der Zivilisation. Beide werden im Laufe der nächsten
Woche nach Deutschland zurückfliegen. Doch unsere Arbeit
hier ist noch lange nicht vorbei. Zunächst sind Stef
und ich mit täglichen Nestchecks beschäftigt: welcher
Pinguin sitzt auf den Eiern oder ist bei den Küken, wieviele
Küken sind da (ist eines gestorben?), sind neue Küken
geschlüpft?
Einen Tag nach Jana und Peters Abreise
dann der erste Trauerfall: Simon & Simon, die Küken
aus HG08, haben es beide nich geschaft. Simon 2 war
vor gut fünf Tagen verhungert. Als wir am Donnerstag
dann nach dem größeren Simon 1 sahen, schien
er noch wohlauf zu sein, doch beim wiegen stellte sich heraus,
daß er 150 Gramm an Gewicht verloren hatte - was bei
einem 600 Gramm schweren Küken erheblich ist. Am selben
Abend ging ich noch einmal zum Bau um zu sehen, ob einer der
Alten zurückgekehrt war: Simon 1 war im Laufe
des Tages auch gestorben. Gestern Abend sah ich durch Zufall
beide Eltern zu ihrem Bau zurückkehren: drei Tage zu
spät, um wenigstens Simon 1 durchzubringen.
Insgesamt gesehen, muß ich aber sagen,
daß bislang wenige Küken verhungert sind (was ja
die Hauptursache für den geringen Bruterfolg der Pinguine
auf Motuara Island sein soll). Wir haben erst in zwei Fällen
verhungerte Küken gefunden: HG08 und TG02. Das sind 2
aus 48 Nestern. Bisher die häufigste Todesursache ist
das Wetter bzw. die Qualität der Bruthöhlen: entweder
ertranken die Küken in den überfluteten Bauten oder
erfroren, weil sie triefennass geregnet waren. Doch wie sagt
Craig Barnett (der Biologe aus Canterbury, der hier auf der
Insel zur Zeit Untersuchungen an South Island Robins durchführt)
immer: "Don't count your chickens before they're hatched".
Warten wir mal ab, wieviele unserer Küken am Ende flügge
werden.
Wir haben bereits 6 Küken, die ihre
Daunen verlieren. Unter dem grauen Flaum schimmern unglaublich
blaue Federn hindurch. Die Vögel sind in der Regel zwischen
950 und 1400 Gramm schwer. 1.4 Kg ist natürlich ein Hammer,
wenn man bedenkt, daß die ausgewachsenen Pinguine zwischen
900 und 1100 Gramm wiegen. Der Kawennsmann von einem Küken
profitiert offensichtlich davon, ein Einzelkind zu sein. Wir
haben ihn Cartman getauft ("I'm not fat! Im just
big boned!").
Die täglichen Nestchecks gehen zum
Teil an die Substanz, was unser Schuhwerk und unsere Knochen
angeht. Der Boden ist zum Teil extrem aufgeweicht und manche
unsere Gebiete (speziell das South Gully!) sind nur über
steile Kletterpartien zu erreichen. Trotzdem haben wir bislang
die täglichen Checks durchgezogen und einige interessante
Fakten herausgefunden:
1. Sind Küken frisch geschlüpft,
werden sie über Tags immer von einem der Eltern "betreut".
Die Eltern wechseln sich dabei täglich ab, d.h. sitzt
am Montag das Weibchen auf dem Nest, hockt Dienstags das Männchen
drauf, Mittowchs wieder das Weibchen, Donnerstags wieder das
Männchen und so weiter.
2. Sind die Küken größer
(so zwischen 200 und 300 Gramm schwer und etwa 14 Tage alt),
so kommt zunächst eine Phase, in der die Küken mal
einen Tag lang allein gelassen werden.
3. Schließlich in der dritten Phase
(500 - 600 Gramm, ca. 20 Tage alt), kommen die Eltern nur
noch am Abend in das Nest um die Küken zu füttern
und gehen am nächsten morgen wieder auf See - die Küken
sind tagsüber meistens allein.
Die grauen Bündel in der Höhle
sind zwei Küken (SG02, 17 bzw. 18 Tage alt)
Doch nicht alle Bauten haben Küken. Wir
haben noch einige Nester, bei denen die Pinguine noch ihre
Eier inkubieren. Ein besonders ausgefallenes Beispiel ist
hier das Nest SG06 im South Gully. Hierbei handelt es sich
weniger um einen Bau, als vielmehr ein Nest unter einer überhängenden
Wurzel. Das Männchen dieses Brutpaares wurde von uns
beringt und war von eher nervöser Gestalt: er ließ
während seiner 12-tägigen Inkubtions-Schicht seiner
Eier zweimal allein und war immer ziemlich aufgebracht, wenn
wir an seinem Nest vorbei marschierten. Seine Partnerin -
Helene - ist dagegen die Ruhe selbst: sie kann nichts
erschüttern, selbst wenn wir sie näher untersuchen.
Helene auf ihrem Nest
Soweit zu einigen ersten Ergebnissen. Eine
weitere gute Nachricht ist, daß wir ab nächster
Woche Samstag wieder Verstärkung aus Deutschland erhalten:
Kirsten kommt, nach Wochen der Funkstille doch. Damit sind
wir spätestens ab Ende Oktober wieder zu viert, so daß
wir nach Leibeskräften Peilen können.
Heute - Montag - sind wir ans Festland
gefahren. Auf Motuara Island ist zur Zwit die Hölle los:
6 Mitarbeiter des DoC sind auf die Insel gekommen um unsere
Kiwis einzufangen und an der Westküste der Südinsel
auszusetzen (die Kiwis werden nur für ihre frühe
Jugendphase nach Motuara Island gebracht, damit sie eine Körpergröße
erreichen, um gegen Angriffe von Madern und Wieseln zu bestehen).
Mit all den Leuten auf der Insel wird es ziemlich eng um die
Hütte herum. Da wir noch einige Besorgungen machen müssen
und - ganz wichtig - unsere mittlerweile zum Himmel stinkenden
Kalmotten mal waschen müssen also der Entschluß
den Pinguinen mal zwei Tage Schonzeit zu gönnen. Am Mittwoch
geht's wieder raus auf die Insel und dann kommen die Fahrtenschreiber
zum Einsatz.
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