Das ist mal eine Neuigkeit - zum ersten Mal seit
dieses Projekt angelaufen ist, konnten gestern alle mit Sendern
ausgestatteten Pinguine getrackt werden. Natürlich lief
dies auch nicht 100%ig reibungslos ab, denn zwei der Sender
fingen am nachmittag an, seltsame Signale von sich zu geben:
statt des regelmäßigen piep-piep-pieps, hörte
sich Sender 415 wie ein Froschchor in der Abenddämmerung
an, während man den Eindruck gewinnen konnte, daß
Sender 495 krampfhaft versuchte mit seinen begrenzten Artikulationsmöglichkeiten
Beethovens 5te neu zu interpretieren. Nichtsdestotrotz konnten
wir die Tiere bis 21 Uhr - und damit zum geplanten Feierabend
- einpeilen.
Das Peilen hier in Oamaru ist insgesamt erheblich
schwieriger, da die Pinguine ein komplett anderes Tauchverhalten
an den Tag legen, als wir es auf Motuara Island erlebt haben.
Sind die Pengies in den Marlborough Sounds immer auf relativ
tiefe Tauchgänge gegangen, von denen sie sich für
10 bis 20 Sekunden regelmäßig an der Oberfläche
ausruhen mußten (was das Einpeilen leicht machte), so
bewegen sich die Vögel in Oamaru vornehmlich in den oberen
3 Metern der Wassersäule und kommen regelmäßig,
aber nur für zum Teil extrem kurze Zeiträume an
die Oberfläche (wodurch die Sender-Signale nur kurz zu
hören sind). Ein erster Blick auf die Daten, die wir
bisher mit den TDRs gewonnen haben, bestätigt dies.
Na ja, jedenfalls klappt's endlich. Auch wenn
unser Material nun definitiv Verschleißerscheinungen
zeigt: die Vorverstärker fallen regelmäßig
aus (Wackelkontakte), die Kompaßrosen sind immer schwerer
abzulesen (verkratzt) und die Antennenmasten beginnen in ihren
Teflonfüßen zu quietschen.
"Jetzt quietscht auch noch der Antennenmast!"
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Stef bei ihrer Mittagsschicht am Gun Emplacement
Wir arbeiten zu dritt (Hotte, Stef und ich) an
zwei Antennen. Das habe ich ja schon ein paar Mal erzählt;
aber wie schräg unsere Schichteneinteilung ist, sollte
ich vielleicht mal erwähnen. Unser Tag beginnt morgens
um 4.45 Uhr: zu dritt fahren wir mit dem Auto zur Pinguinkolonie
herunter. Hier steigt einer (AO1) von uns aus und bezieht
Stellung an der Antenne am Gunemplacement, das über einen
kurzen Track oberhalb der Kolonie zu erreichen ist. Die beiden
anderen machen sich auf die 15-minütige Fahrt zum Dead
Shark Beach (DSB), einem abgelegenen Flecken Steilküste,
wo unsere zweite Antennenstation steht. Hier hüpft der
zweite Antennenoperator aus, während der dritte wieder
nach Hause fährt, sich nochmal hinlegt (Stef) oder frühstückt
(Hotte oder ich). Das Peilen beginnt um 5.30 Uhr.
Die Schichten sind 3 Stunden pro Person. Das
heißt, um 7 Uhr wird Antennen Operator 2 (AO2) am Dead
Shark Beach vom Schläfer/Frühstücker abgelöst
und fährt nach Hause, um nun ebenfalls zu frühstücken.
Anderthalb Stunden später muß er AO1 am Gun Emplacement
ablösen, so daß sich AO1 zwischen 8.30 und 10.00
Uhr ein Müsli oder Brot reindampfen kann. Danach fährt
er zum DSB hinaus um seine nächste Schicht anzugehen.
Klingt kompliziert, klappt aber ganz gut. Das
blöde ist nur, daß wir auf diese Art und Weise
pro Peiltag gut 200 Km verbraten. Alles im Dienste der Wissenschaft.
Ich, als Project Leader, wie mir immer wieder unter die Nase
gehalten wird, habe dabei noch den schwarzen Peter der Nestchecks,
so daß mir täglich eine 1 1/2 Stunden-Pause flöten
geht. Wir überprüfen täglich 87 Nester. 87
Nester zu checken, würde auf Motuara Island gut und gerne
6 Stunden in Anspruch nehmen. Hier in Oamaru ist das alles
ein wenig anders.
Wir haben zwei Hauptuntersuchungsgebiete: Quarry
und Creek. Am Quarry (ein ehemaliger Steinbruch)
befindet sich die "Oamaru Blue Penguin Colony",
die für Touristen geöffnet ist - und über die
vor einigen Monaten im Magazin Brigitte von Elke Heidenreich
("Richard und dat Mädel") ein grandioser Unsinn
verzapft worden ist:die armen Pinguine werden von Flutlichtscheinwerfern
verfolgt, sind total verstört und oh so arm dran; und
direkt nebendran ein Bild von der Autorin, die einem der scheusten
Pinguine überhaupt, einem Gelbaugenpinguin, in einer
Düne hinterherspringt und zu Tode ängstigt. Die
Kolonie am Creek ist gut 1 Kilometer weiter nördlich
und nicht für Besucher geöffnet.
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Alle Pinguine nisten in Nestboxen und sind mit
Flipperringen markiert. Die Nestboxen sind alle auf einem
kleinen Raum verteilt, so daß man mit ein paar Schritten
von Nest zu Nest gelangt. Obendrein sind die Pinguine wenn's
ums Brüten geht so erfolgreich, daß man nicht lange
nach Küken oder Eiern suchen muß. Und so kommt
es daß wir 87 Nester täglich checken (und das sind
bei weitem nicht alle!). Die Nestchecks sind dementsprechend
einfach und locker in 1 Stunde abgehakt: Deckel auf, Flipperband
ablesen, Küken zählen, Deckel zu.
Nest D12 am Quarry:
Deckel auf - aha, 2 Küken, bald flügge - Deckel
zu
2 Meter weiter, Nest D13:
Deckel auf - oho, Mrs. 22807 (mit Küken) in Angriffslaune
- schnell Deckel zu
Ein weiterer Unterschied zu Motuara Island, ist
die Aggressivität der Pinguine hier in Oamaru. Wenn man
den Deckel aufmacht, springt einem nicht selten ein angenervter
Vogel entgegen. Zumindest wird grimmig geknurrt und die Brust
aufgeblasen. Nicht selten stürmt auch mal ein erwachsenes
Tier durch den Eingang der Nestbox und versucht einen Fuß
des Nestcheckers zu erwischen.
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