Das Tagebuch eines Forschungsprojektes
 
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NEUIGKEITEN - 24. Oktober 2000

Also eines steht fest: was wir hier machen macht hart. Sollte es zumindest, denn was es an Frusterlebnissen zu verarbeiten gibt, paßt auf keine Kuhhaut mehr.

Nachdem uns die letzten zwei Tage mit Sonne und fast Windstille gelockt hatten, entschlossen wir uns zu einer neuen Peilrunde. Gestern vormittag hatten wir ja zwei Vögel mit Sendern ausgestattet. Mittags holte mich dann Tony auf Motuara Island ab. Stef und Kirsten bleiben zurück. Am späten Nachmittag kletterte ich zu unserer alten Antennen-Position auf Arapawa Island hinauf und fing an zu schrauben: ich hatte beim letzten Mal die Antenne auseinandergenommen, um Sturmschäden vorzubeugen (zu recht wir sich auch bestätigt hatte). Ich hampelte fast zweieinhalb Stunden auf dem Berg herum, bis die Antenne endlich stand. Und wie zur Begrüßung frischte der Wind auf und begann aus Nordwesten in den Yagis zu singen. Irre.

Heute morgen bimmelte um vier Uhr mein Wecker. Um halb fünf machte ich mich auf den langen Aufstieg zur Antenne. In den frühen Morgenstunden ist der Weg anscheinend doppelt so lang, wie während des Rest des Tages. In jedem Fall schien sich der Track endlos den Berg hinaufzuwinden. Ich schleppte Wasser, Kocher und sonstigen Krempel mit mir, denn ich hatte keinen Ablöser - mit anderen Worten, während Stef und Kirsten auf Motuara Island Schichten schoben, würde ich den ganzen Tag an der Antenne hocken und peilen.

Im Funnel war es ungewohnt windstill. Insgesamt schien sich der Nordwestwind wieder beruhigt zu haben. Dafür bildeten sich Wolken auf dem Bergkamm, den ich entlang torkelte. Als ich nach fast einer 3/4 Stunde endlich an der Antenne ankam begrüßte mich die reinste Waschküche. Nebel, eine Sicht von 10 Metern und recht frisch. War mir egal, solange es nicht pfeift. Munter warf ich den Receiver an. Ich mußte noch den Zeiger der Antenne kalibrieren. Ich peilte auf unseren Referenzsender auf Motuara Island und staunte nicht schlecht: er war nicht einzupeilen! Normalerweise sollte man nichts hören, wenn die Antennen genau in die Richtung des Signals peilt; das haut zwar nicht immer hin, aber generell sollte es erheblich leiser werden, wenn man auf das Signal peilt. Nichts dergleichen geschah bei mir. Und los ging's: ich überprüfte alle Kabel. Die schienen in Ordnung. Ich testete beide Antennenelemente. Die hatten in etwa die gleiche Signalstärke. Ich probierte das ganze mit und ohne Vorverstärker. Keine Veränderung. Der Referenzsender war nicht einzupeilen.

Dann rief Stef an: "Matse, ich kann nur einen Pinguin empfangen!".

Was? Wieder ein Sender mit leerer Batterie? Beide Vögel mußten doch heute rausgehen. Oh nein! Mit anderen Worten wir haben heute sage und schreibe 1 Pinguin (TG07 - Grunt) zu peilen. 14 Stunden hier oben für einen Track! Und ich kriege keinen verfluchten Positions Fix! Jippieh! Das alles zusammen morgens um 5 Uhr 30 mit einem Achselzucken zu nehmen, ist nicht leicht.

Deswegen gelang es mir auch nicht: "Abbruch! Neuer Versuch um 9 Uhr, ich muß meine Anlage reparieren!"

Ich war stinksauer! Ich verfluchte die ganze vermaledeite Radiotelemetrie. Welcher Spinner hatte sich eine solche Methode ausgedacht? Was für einen Aufwand mußte man betreiben, wieviele Komponenten spielten da eine tragende Rolle und wie um Himmels Willen will man garantieren können, daß auch alles vernünftig klappt? Da muß nur ein Kontakt an einer Antenne hinüber sein und schon ist alles für die Katz. Wenn eine Antenne nicht peilen kann, sind die Werte der anderen Antenne witzlos. Und alles weil ein Kontakt hin ist. Schnell mal eben reparieren? Sehr witzig, wie will man den Kontakt, dern nebenbei bemerkt in drei Metern Höhe an der Antenne angeschraubt ist, mitten in der Pampa mit einer Autobatterie löten? Notlösung? Die fällt nach einer Stunde Antennengedrehe wieder auseinander. So ein Käse!

All das ging mir durch den Kopf als ich wutentbrannt zu Tonys Farm hinunter lief. In meiner Tasche hatte ich die Nullpeak Box, jenes kleine Gerät, welches die Signale der beiden Antennen-Elemente so modifiziert, daß man (theoretisch) nichts mehr hört, wenn das Signal eingepeilt ist. Unten angekommen schraubte ich die Box auf. Doch das gesamte Innenleben war mit Silikon versiegelt. Da gab es nichts zu reparieren. Also begnügte ich mich damit die Stecker zu polieren und einzufetten.

Um 9 Uhr war ich wieder an der Antenne. Nach etlichen Versuchen hatte ich dann die Antennenkabel so an die Nullpeak Box angeschlossen, daß ich peilen konnte. Immerhin. Stef rief an und es ging los. Für etwa 1 1/2 Stunden. Solange konnten wir nämlich Grunt tracken, bis er in Richtung Wellington hinter Arapawa Isaland im absoluten Funkschatten für beide Antennen verschwand.

Also beschäftigte ich mich damit große Steine zur Antenne zu schleppen, um deren Fuß zu beschweren und zu stabilisieren. Immer wieder lauschte ich dem statischen Rauschen des Receivers. Kein Pinguin zu hören: Grunt ist in Wellingtión Verwandte besuchen und Marge ist heute einfach auf dem Nest sitzen geblieben. Schweinerei! So schön kann Radiotelemetrie sein.

Immerhin kam der Vogel gegen fünf Uhr nachmittags wieder in unseren Empfangsbereich, so daß wir bis 19 Uhr 30 peilen konnten. Die Zeit zwischen den Vormittags- und den Nachmittags-Peilungen ließen mir aber Zeit mein Equipment genaustens zu überprüfen. Und klar ist jetzt, daß die Anlage auf Arapawa Island in der jetzigen Verfassung nur schlecht zu gebrauchen ist, denn an den beiden Elementen der Antenne sind Yagis gebrochen und damit unbrauchbar geworden. Daher geben beide Elemente unterschiedlich starke Signale, was dann dazu führt, daß man keinen vernünftigen Positions Fix kriegt. Eigentlich müßte ich neue Yagis besorgen. Aber ich sitze hier auf einer Insel am Ende der Welt.