Letzten Mittwoch habe ich mich ins Auto gesetzt und bin die
700Km bis in die Marlborough Sounds hinauf gefahren. Am Donnerstag
traf ich mich dann morgens mit Bill Cash, dem zuständigen
DOC-Officer in Picton. Es wurden ein paar interessante Stunden,
mit einem ungeheuren Tee-Konsum.
Zunächst
stellte ich mich vor und erzählte Bill im Großen
und Ganzen was wir vorhaben, zeigte ihm meine Transmitter
und quetschte ihn wegen der Lokalitäten aus. Nach Beratschlagung
mit zwei weiteren DOC-Officern kamen wir dann zu dem Schluß,
daß eine Antenne auf dem Aussichtsturm auf Motuara Island
prima wäre. Das einzige was dort auf uns wartet, sind
Besuche von Touristen, von denen wir aller Wahrscheinlichkeit
(O-Ton Bill Cash) "permanent, niemals endend und immer
wieder gleich ausgequetscht" werden. Was die zweite Antenne
angeht, so waren sich die DOC-Leute einig, die Westküste
des Queen Charlotte Sounds ist ziemlich ungeeignet, weil dicht
mit Busch bewachsen und ungeheuer schlecht zu erreichen ist
(mal abgesehen über den Queen Charlotte Walkway). Doch
einhellig waren sie der Meinung, daß "dies ein
Fall für Tony Tristram" wäre. Besagter Tony
ist der Besitzer der nördlichen Hälfte von Arapawa
Island.
Arapawa Island begrenzt den Queen Charlotte
Sound nach Westen, stellt in diesem Bild also den Horizont
dar.
Tony Tristrams Ländereien erstrecken sich von dem Sattel
zwischen dem zweiten und dritten Hügel (von links) bis
weit über den linken Bildrand hinaus.
Bill meinte, daß Tony ein "pretty good guy"
sei, der uns da sicher helfen würde, da würde es
keine Probleme geben. Will, einer der anderen DOC-Officers
meinte, daß Tony sicherlich auch ein Zimmer für
die Arapawa Island Gruppe hätte und ein prima Gastgeber
sei. Ansonsten würde auf einem der Hügel auch noch
eine Hütte stehen, die allerdings "a bit of a broom"
brauchen würde - dementsprechend ist diese Hütte
wohl doch etwas ... verwohnt. Wie Tony uns helfen wird und
ob er ein Zimmer für uns hat, werde ich in den nächsten
Tagen heraus kriegen, sobald ich ihn am Telefon erreicht habe.
Nach diesen organisatorischen Unterhaltungen, während
wir in der Kantine saßen und literweise Tee in uns hineinschütteten,
überraschte man mich mit der Bemerkung, daß gleich
Dee Wilson von der Presse wegen eines Interviews mit mir kommen
würde. Dee war eine Frau in den Fuffziger mit schlohweißem
Haar und einem Adlerblick. Das Interview, das sie mit mir
in der schon erwähnten DOC-Kantine führte (während
der Tee weiterhin ohne Ende floß), war schlimmer als
so manches Kolloquium oder manche mündliche Prüfung:
Dee quetschte mich aus wie eine reife Zitrone. Sie wollte
alles wissen und bohrte erbarmungslos nach Details. Während
des Interviews kritzelte sie seltsame Linien auf einen kleinen
Spiralblock, lesen konnte man diese Ultra-Stenoschrift nicht.
Seite um Seite krakelte die Frau voll, und ließ mich
mein gesamtes Studentenleben erzählen - wieso Biologie,
wo habe ich studiert, was habe ich gemacht, wieso Pinguine,
wann, wo, wie habe ich zum ersten Mal Pinguine gesehen, welche
Tiere noch, würde ich mich als Ornithologen betrachten,
und so weiter und so fort. Ich konnte gar nicht glauben, daß
die Frau nur einen Artikel über mich schreiben wollte.
Was ich ihr erzählte reichte schon fast für ein
Buch. Und immer wieder kommentierte sie meine Erzählungen
mit "Now, that's interesting! Tell me more about that,
please...".
Nach
einer guten dreiviertel Stunde fand die Fragerei ein Ende.
Als nächstes hatte Dee ein Foto auf dem Programm stehen.
Mit ihren Adleraugen scannte sie die Lounge des DOC-Offices.
Zunächt mußte ich mich vor eine große Topographische
Karte der Marlborough Sounds hocken und mit dem Finger irgendwo
in die Landschaft pieken und so tun als erklärte ich
etwas (ich kam mir ein bisschen vor wie Doktor Best, der an
einer Grafik die Vorteile der neuen Schwingkopfzahnbürste
erklärt) - irgendwie eine alberne Situation. Das sah
dann nach einigen Versuchen auch Dee ein und zerrte mich ins
Treppenhaus, wo ein Foto eines Zwergpinguins hing. Jetzt mußte
ich mich vor dieses Bild stellen und den Pinguin angucken,
dann wieder doch lieber zur Kamera hinsehen, oder nein, doch
lieber den Pinguin, aber näher ran, ja so, nein doch
noch nährer. Mittlerweile war ich so nah dran, daß
ich das Bild gar nicht mehr scharfstellen konnte, was ich
aber krampfhaft versuchte, so daß Dee mir schließlich
vorwarf, ich würde wie ein Verrückter aussehen.
Ou Mann, was ein Drama. Und überall grinsende DOC-Officers.
Ich war froh als alles endlich ein Ende hatte. Dee versprach
mir noch, mir ein Exemplar des Artikels zukommen zu lassen.
Dann war ich entlassen... puh!
Was die Fahrt auf einem DOC-Boot anging, so mußte mich
Bill auf den kommenden Dienstag vertrösten. Erst dann
könne er mir sagen, ob und wann ich zur Insel hinaus
fahren könnte. Gut, dachte ich mir, dann werde mich ich
so lange im Nelson Lakes National Park in den Busch verkrümeln.
Wie das war, steht hier zu
lesen.
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